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Einmal Faschingsmuffel, immer Faschingsmuffel

Fastnachtsküchle – für Faschingsmuffel oft das einzig Schöne in der fünften Jahreszeit

(überarbeitet: 06.02.2020)

Faschingszeit - der eine liebt sie über alles, der andere hasst sie aus tiefsten Herzen heraus.

Karneval, Fastnacht oder Fasnet – regional unterschiedliche Bezeichnungen, die allesamt etwas gemeinsam haben: Das Verkleiden!

Des einen Freud ist des anderen Graus.

Für echte Faschingsmuffel gibt es nur einen Trost - die leckeren Fastnachtsküchle (Berliner, Pfannkuchen, Krapfen, Kräppel, Puffel) – wenigstens das. Die gehören hierzulande genauso zum Fest dazu, wie das Verkleiden.

Während sich die echten Karnevalisten und Faschingsfans begeistert in ihre Kostüme stürzen, zieht sich der Faschingsmuffel leise zurück, nascht verstohlen an seinem Fastnachtsküchle und sehnt den Zeitpunkt herbei, an dem das ganze Treiben endlich vorbei ist.

So gelingt es dem Faschingsmuffel viele Jahre, sich dem ganzen Tumult galant zu entziehen. Bis er eine Familie gründet. Dann ist er plötzlich wieder ganz nah dran am närrischen Geschehen – denn dann steht Kinderfasching auf dem Programm!

Kinderfasching in der Kita, im Kindergarten, in der Spielgruppe oder in der Schule. Überall wird gefeiert und natürlich ist das Verkleiden ein Teil des Spektakels. 

Der Faschingsmuffel gibt sich versöhnlich und mimt dem Kind zuliebe den großen Faschingsfan. Gemeinsam schauen sie nach ausgefallenen Kostümen, denn jedes Kind liebt es doch, sich zu verkleiden.

Hm, wirklich jedes Kind?

Verkleiden ist für alle Kinder das Größte? Von wegen!

Wenn ich zurückblicke und mich an meine Faschingszeit als Kind erinnere, kann ich klar sagen:
„Nein, nicht jedes Kind ist begeistert!

Verkleiden an Fasching  - das war nie wirklich mein Ding.

Als Kleinkind mag es noch ok gewesen sein. Ich ging als Marienkäfer oder Glücksklee zur Faschingsparty im Kindergarten. Alte Faschingsfotos zeigen, dass ich scheinbar Freude daran hatte.

Je größer ich wurde, desto alberner fühlte ich mich in meiner kostümierten Haut. Es fing an, mir peinlich zu werden.

Auch mein großer Sohn ist Faschingsmuffel. Er gehört zu den Kindern, die dem Verkleiden nicht viel abgewinnen können.

Genauer gesagt, er hasst es. Genau wie ich.

Bis er fünf Jahre alt war, weigerte er sich strikt, auch nur einen Hauch von Kostüm zu tragen. Selbst ein harmloser Fledermaus-Umhang war zu viel des Guten.

Alle Kids im Kindergarten kamen stets verkleidet zum Fasching – nur er nicht. Es war ihm immer egal gewesen, dass er das einzige Kind ohne Kostüm war.

Später kam tatsächlich doch noch der Faschingsfan auf Stippvisite. Im letzten Kindergartenjahr wollte er plötzlich als Feuerwehrmann gehen.

Beim Kinderfasching in der Grundschule mischte er ein wenig als …

  • Tiger,
  • Polizist &
  • Rennfahrer mit.


Typische Faschingskostüme für Jungs. Möglichst unauffällig, Kriegsbemalung war tabu!

Mit zehn Jahren verwandelte sich der smarte Faschingsfan wieder zurück zum Faschingsmuffel.
Alles was mit Fasching zu tun hat findet er nervig – bis auf die Fastnachtsküchle. Die liebt er.

Zu Kostümen jeder Art hält er strikt drei Meter Sicherheitsabstand - ganz die Mama ;-)

faschingsfan

Anders der kleine Bruder. Der liebt es, in verschiedene Kostüme zu hüpfen. Dabei hat er selbst die unterschiedlichsten Ideen, was er gerne sein möchte:

  • Pirat
  • Seeräuber
  • Eichhörnchen
  • Gespenst
  • Ungeheuer
  • Indianer mit Pfeil und Bogen
  • Gruselmonster
  • Superman
  • Drache
  • Maulwurf
  • Handwerker
  • und, und, und…


Absolut wichtig ist ihm, dass die Kostüme nach dem Fasching kein nutzloses Dasein im Keller fristen. Griffbereit sollen sie in seinem Schrank hängen. 

Oft verschwindet er mitten im Spiel mit verschmitzter Miene in sein Zimmer. Es klappert, raschelt und poltert. Fünf Minuten später steht er komplett verkleidet im Raum und taucht in seine Fantasiewelt ab.

In regelmäßigen Abständen treibt ein Gespenst sein Unwesen oder Superman flitzt lautstark durchs Haus.

So unterschiedlich kann es selbst in der Familie sein.

Sicher lieben sehr viele Kinder den Fasching und es gibt für sie nichts Schöneres, als sich zu verkleiden.
Doch selbst bei den Kleinsten gibt es schon die andere Fraktion – nämlich waschechte Faschingsmuffel.

faschingskostuem-junge-dinosaurier

Warum ich bis heute keine Faschingsgranate bin - und vermutlich nie werde ;-)

1. Ich bin vom Wesen einfach nicht der Typ, der es liebt sich (albern) zu verkleiden. Es liegt nicht in meinem Naturell. Ich mag keinen Fasching und will mich nicht verkleiden.

2. Der unausgesprochenen Zwang, beim Kinderfasching immer ein Kostüm tragen zu müssen. „Alle sind verkleidet und deshalb hast du jetzt auch Spaß daran“. Die eh schon vorhandene Abneigung wurde dadurch nicht besser.

3. Die schwach ausgeprägten Schneiderkünste meiner Mutter (sorry Mama) und ihrem Hang dazu, mir Kostüme einzureden, die meist nur ihr gefielen. Das setzte meiner Antipathie erst recht die Krone auf.

Der latente Zwang, sich zu einem bestimmten Termin verkleiden zu müssen 

Fasching ist Fasching und es wird ein Kostüm getragen, weil alle verkleidet sind. Punkt! Diskutieren zwecklos.

Während unter den Kindern heiße Diskussionen ausbrachen, als was sie alles gehen möchten, hielten sich meine Ideen stark in Grenzen. Vermutlich, weil mir allgemein das Interesse am Verkleiden fehlte.

Manchmal liebäugelte ich damit, eine Prinzessin zu sein. Mit richtigem Rauschekleid und einem standesgemäßen Diadem auf dem Kopf.

Oder Indianer. Ich war nämlich großer Winnetou-Fan. Mir gefiel das Indianer-Outfit. Den Federschmuck hätte ich mir gespart – too much!

Ach ja, Gespenst war noch ein leiser Favorit – Bettlaken, zwei Aussparungen für die Augen, fertig.
Ein Kostüm, wie verlangt. Niemand hätte mich erkannt. Quasi unsichtbar hätte ich die Kinder-Faschingsparty genießen können – das wäre ganz in meinem Sinne gewesen.

faschingskostuem-gespenst

Doch hätte ich die Wahl gehabt, wäre ich am allerliebsten einfach ohne Kostüm gegangen.
Aber das ging ja nicht, denn es war FASCHING! 

Faschingskostüme „Selfmade by Mama“

Statt als Prinzessin über das Faschingsparkett zu schweben oder mich als Winnetou auf der Faschingsfeier wohl zu fühlen, hatte meine Mutter stets die „besseren“ Ideen:

  • „Der gestiefelte Kater ist doch toll!“
  • „Du kannst als Clown gehen, du magst doch Clowns so gerne!“
  • „Wie wäre es als Maus? Das ist doch niedlich!“

Ohne lange zu diskutieren machte sie sich an die Arbeit. Unsere Kinderkostüme hat sie meist selbst gemacht. Mächtig stolz war sie auf ihre Werke, wie sie mir später berichtete.

kinderkostueme-selbst-gemacht-neu

Das Faschingstrauma

Eine ihrer „grandiosesten“ Ideen war, dass sie mich als Würfel zum Schulfasching schickte.
Mein ganz persönliches Faschingstrauma und gleichzeitig das endgültige Ende meiner Kostümierungskarriere.

Zunächst fand ich die Idee ein Würfel zu sein, gar nicht so schlecht.

Das Problem:
Meine Vorstellungen von einem Würfel-Kostüm waren so ganz anders, als die meiner Mutter.

Ich sah mich mit einem großen, würfelähnlichen Korpus auf der Schul-Faschingsparty aufkreuzen.
Mit Aussparungen für Arme und Beine. Bunt bemalt, dazu ein kleiner Hut in Würfelform – fertig!

Das wird der Hammer, dachte ich!

Stattdessen stürmte ich den ungeliebten Kinderfasching in der Schule mit dem wohl lächerlichsten Kostüm aller Zeiten:

  • Beigefarbener, sehr eng anliegender Selastik-Rollkragen-Pullover
    Selastik, eine Chemiefaser – man sagte damals im Volksmund: Der Stoff aus dem die Albträume waren. Ich hasste nicht nur den Stoff, der sich stets elektrisch auflud. Generell hatte ich etwas gegen eng anliegende Kleidung. Rollkrägen waren die Höchststrafe für mich. Aber gut…

  • Auf dem Rollkragenpullover waren in unsystematischen Abständen (kreuz und quer, völlig unstrukturiert) farbige Vierecke mit Punkten angenäht, welche symbolisch für den Würfel standen.

  • Dazu ein quietsch-roter Filzrock (Röcke fand ich furchtbar und Rot gehört noch heute nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfarben). Auch dem Rock wurden diese selbstgebastelten Würfel-Aufnäher verpasst. Damit sah er noch schlimmer aus, als er eh schon war.

Und das war noch lange nicht alles:

  • Zu allem Überfluss zauberte meine Mutter dann auch noch eine dicke, kratzige Wollstrumpfhose in beige
    hervor (ich muss meine Abneigung gegenüber viel zu warmen Wollstrumpfhosen nicht extra betonen).

  • Den krönenden Abschluss bildete ein schwarzer Zylinder mit weißem, leicht zu engem Gummiband
    (damit das Hütchen auch ja auf dem Kopf bleibt), der ebenfalls mit Würfeln beklebt war.

  • Ach, die geschminkten Würfel auf meinen Wangen nicht zu vergessen – die setzten dem ganzen Drama
    noch eins drauf.

wuerfel-kostuem-lustig


In diesem Kostüm steckte wirklich nichts, was mir das Wohlfühlen auch nur annähernd erleichtert hätte.
Eine Verkleidung, die du nur deinem Feind andrehst!

Ich fragte mich später des Öfteren, ob meine Mutter mir damit irgendetwas durch die Blume sagen wollte. ;-)

Gott, ich weiß es noch als wäre es gestern gewesen, wie entsetzt ich war, als sie mit ihrer Interpretation eines „Würfel-Kostüms“ vor mir stand.

Mein erwartungsvolles Lächeln verging mir im Nu, als ich merkte, dass dies kein Scherz war.

Das war ihr voller Ernst. Das war MEIN Würfel-Kostüm!
Eine Vollkatastrophe – ich brach postwendend in Tränen aus!

Meine Mutter konnte meine Enttäuschung überhaupt nicht nachvollziehen. Sie war so stolz auf ihre Arbeit. Demzufolge stand es nicht zur Debatte, ob ich das Teil jetzt anziehen möchte oder nicht.
Ich musste wollen! ;-)

„Es ist Fasching und du gehst als Würfel! Andere Kinder würden sich darüber freuen. Es steckt so viel Arbeit darin. Du bist wirklich undankbar! Es war das letzte Mal, dass ich dir ein Kostüm gemacht habe!“

Ja, das war definitiv das letzte Mal – das hätte ich ihr gern auch schriftlich quittiert!

Noch nie habe ich mich so unwohl gefühlt, wie auf diesem Faschingsfest in der Turnhalle meiner Grundschule.
Ich hatte das Gefühl, der Lacher der Nation zu sein. Ich sah die feixende Narrenschar bildlich vor mir.

In Wahrheit hat komischerweise niemand gelacht. Zumindest habe ich es nicht mitbekommen.

Aber es kam doch des Öfteren die Frage, als was ich denn gehen würde.
In diesen Momenten wusste ich nicht, was besser gewesen wäre:

Ein Kostüm zu tragen, dass niemand zu deuten wusste oder doch lieber ein echter Faschings-Lacher zu sein. 

Schlimmer geht´s nimmer? Oh doch! 

Auf die peinliche Frage, was ich denn darstellen würde, wisperte ich leise und verstohlen: „Ich bin ein Würfel!“

Ich meine erkannt zu haben, dass manch einer echtes Mitleid mit mir und meinem Aufzug hatte.

Als ob das nicht schon Schmach genug gewesen wäre, zog meine beste Freundin mit ihrem Kostüm alle Blicke der Faschingsgemeinschaft auf sich.

Originell war ihr Auftritt, wie immer!

Sie kam als alte Oma verkleidet. Soweit, so unspektakulär.
Die Details machten das Besondere.

Mit echter Rüschen-Schlafhaube ihrer Urgroßmutter, grauer Perücke, Nickelbrille, Oma-Schürze, einem uralten Krückstock und mit was weiß ich noch alles an passenden Utensilien, stahl sie als Oma Else allen die Show.

Schräg sah sie aus, dass musste ich zugeben.

Im Gegenteil zu mir, hatte sie mega Spaß an ihrer Kostümierung. Entsprechend setzte sie ihre Figur gekonnt in Szene. Zu allem Übel riss sie damit auch noch die Faschingskrone an sich – sie gewann die Wahl des besten Faschingskostüms. 

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Ich hoffte nur, dass nicht auch noch das schlechteste Kostüm gewählt wurde.
Meine Chancen auf das Treppchen wären außerordentlich gut gewesen.

Niemand, aber auch wirklich niemand konnte mir in puncto Peinlichkeit das Wasser reichen! Ich hatte diesbezüglich sehr genau die Lage gecheckt. Es gab weit und breit kein schlimmeres Kostüm als meines.

Über den Triumpf meiner Freundin konnte ich mich beim besten Willen nicht freuen. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, heitere Miene zum verhassten Spiel zu machen. 

Ich wollte nur eins – das dieser Faschingszirkus schnellstens vorbei war. Nichts wie raus, aus meiner oberpeinlichen Verkleidung.

Rock und Strumpfhose mussten als erstes dran glauben. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und wagte es, sie noch während der Feier gegen meine Jeanshose zu tauschen.

Das Grauen hatte ein Ende – ich fühlte mich langsam wieder wohl. Es war vorbei. 

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An diesem Tag beschloss ich, mich nie wieder gegen meinen Willen zu verkleiden.
Zur nächsten Faschingsparty musste definitiv eine Krankheit her. :-)

Kostüme und ich sind wie Feuer und Wasser – wir werden uns nie vertragen 

Auch als Teenie oder junge Erwachsene konnte ich dem ganzen Kult um das Verkleiden nichts abgewinnen.

Ich liebte die Fastnacht in meinem Heimatdorf, aber das übliche Verkleiden? Nein danke!

Ein altes Jackett und ein in die Jahre gekommener, abgenutzter Cowboyhut waren für mich das höchste der Gefühle und Verkleidung genug – mehr brauchte ich nicht.

Auch da kamen Sprüche. Wo denn bitte meine Verkleidung wäre?

Ich blieb bei meinem minimalistischen Verkleidungsstil. Wenn die anderen sich gerne verkleiden mochten, bitteschön. Lasst euch nicht aufhalten, dachte ich.

faschingsmuffel-mag-sich-nicht-verkleiden

Bis heute mache ich um Faschingsfeiern einen großen Bogen! Ich bleibe lieber ich selbst!

Das Verkleiden überlasse ich gerne denen, die wirklich Spaß daran haben.                               

Ich bewundere originelle und ausgefallene Kostüme. Ich finde es klasse, wenn Menschen Freude daran haben, in andere Rollen einzutauchen. Gleichzeitig bin ich froh, wenn der Kelch mit der Verkleidung an mir vorüberzieht.

In diesem Sinne, ein fröhliches Helau und Alaaf! Habt Spaß beim Feiern, ob mit oder ohne Kostüm!

Ich ziehe mich mit meinem Fastnachtsküchle zurück und schaue dem Treiben mit gebührendem Abstand zu.

liebe-gruesse-2H e i k e  A d e l s b a c h - bekennender Faschingsmuffel

PS: Übrigens, heute lachen wir gemeinsam mit meiner Mutter über mein ganz persönliches Faschingstrauma. Sie ist allerdings immer noch der Meinung, dass es ein wunderbares Faschingskostüm war und keinesfalls peinlich. Das meint sie auch heute noch ernst. In diesem Punkt werden wir uns wohl nie einig. ;-)