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Fieberkrämpfe – wenn auf den Ersten doch ein Zweiter folgt (Teil2)

Die Angst vor weiteren Fieberkrämpfen

Das Ereignis Fieberkrampf war überstanden. Wir hatten unser gesundes Kind wieder. Zwar noch etwas angeschlagen, aber dennoch ganz der Alte. Wir waren mehr als dankbar dafür.

Immer wieder las ich die Zeilen des Merkblattes aus dem Krankenhaus.
Da stand, dass es bei rund 2/3 der Kinder bei diesem einen Krampf bleibt. Das andere Drittel bekommt einen weiteren Anfall meistens im ersten Jahr nach dem ersten Ereignis, selten später. Es stand weiter da, dass es selten Kinder gibt, die noch mehr Fieberkrämpfe im Laufe ihrer Kindheit haben.

Natürlich kommt die Frage auf, zu welcher Gruppe gehört unser Sohn? Gehört er zu den 2/3 ist alles gut und wir brauchen uns zu diesem Thema keine Gedanken mehr machen. Gehört er doch zum anderen Drittel, käme ein Krampfanfall höchstwahrscheinlich innerhalb des nächsten Jahres.

Obwohl du nun bestens aufgeklärt bist und weißt, dass Fieberkrämpfe an sich nichts Schlimmes sind, willst du das einfach nicht noch einmal erleben. Die Bilder vom ersten Erlebnis sind fest in deinem Kopf und immer wenn du daran denkst, ist es so, als wäre es erst gestern gewesen.

Wir wurden am 23.12. aus dem Krankenhaus entlassen. Die Weihnachtstage und der Trubel drumherum haben uns gut abgelenkt, wenngleich unser Puls sofort hochfuhr, sobald der Kleine etwas vor sich hin träumte und nicht gleich antwortete, wenn wir ihn ansprachen. Sehr viel schneller als sonst ging unsere Hand zur Stirn um, zu fühlten ob er Fieber hatte.

Man fängt an, die Wochen zu zählen. Wann ist der erste Monat um? Wann der Zweite? Nach einem Jahr könnte man dann vielleicht etwas entspannter sein, denn mit eventuell weiteren Fieberkrämpfen ist hauptsächlich im Folgejahr zu rechnen. Im Merkblatt stand ja „selten später“.

Wie sich herausstellte kamen wir nicht weit mit Monate zählen. Nach nur sechs Wochen konnten wir unseren Sohn sicher zu dem Drittel zählen, bei dem ein weiterer Krampfanfall auf den Ersten folgt.

Der zweite Fieberkrampf nur sechs Wochen später

Es war Anfang Februar 2016. Als der Zwerg an diesem Nachmittag leicht Temperatur entwickelte, war ich zwar beunruhigt, aber dennoch recht gelassen. Ich sprach mir innerlich Mut zu:

  • Fieberkrämpfe sind nichts Schlimmes
  • Nur wenige Kinder bekommen weitere Fieberkrämpfe.
  • Ach und überhaupt, das letzte Mal ist doch nur wenige Wochen her.
  • Nach so kurzer Zeit kommt ganz gewiss kein Weiterer.


Mein Mann war abends noch zu einem Essen verabredet. Als er hörte das Noah Fieber hatte, wollte er den Termin sofort canceln. Ich sagte ihm, dass wir versuchen müssen normal damit umzugehen und nicht zu übervorsichtig werden dürfen. Das Fieber war zwar inzwischen recht hoch, aber mit fiebersenkenden Mitteln hatte ich alles im Griff. Ich beruhigte ihn damit, dass es doch nur ein paar Stunden sind und ich mir nicht vorstellen konnte, dass ausgerechnet in der Zeit was sein sollte, wo er weg war. Ich überzeugte ihn schließlich mit meiner selbst getroffenen Annahme, dass sich das Erlebte innerhalb so kurzer Zeit sicher nicht wiederholen wird.

Mein Mann verließ mit mulmigen Gefühl das Haus und erkundigte sich zwischendurch immer mal wieder, wie die Lage war. Ich hatte es nicht zugegeben, aber je später es wurde, desto angespannter wurde ich. Im Krankenhaus hatte man uns erklärt, dass man im 4-Stunden-Takt Fiebersenker geben kann, wenn zwei Mittel miteinander kombiniert werden. Ich zwang mich, nur jede Stunde die Temperatur zu messen und nicht alle 15 min zu kontrollieren. Ich konnte eh nichts machen, bevor diese verdammten vier Stunden um waren.

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Die letzte Stunde war angebrochen und der Kleine fieberte schon weit über 39 Grad. Ab da bin ich alle 10 min zu ihm rein und musste mich stark zusammenreißen, nicht in Panik zu verfallen. Gut 10 min bevor die letzte Stunde endlich um war, gab ich ihm das Fiebermittel. Ich merkte, wie die extreme Anspannung langsam bei mir nachließ. Ich hatte das Gefühl, jetzt ist alles gut. Es kann nichts mehr passieren. Ich blieb noch ein bisschen bei ihm, weil er sehr unruhig war. Ich wollte warten, bis er wieder schlief.

Nicht schon wieder – ich hatte mich doch noch gar nicht vom ersten Ereignis erholt!

Plötzlich gab er komische Laute von sich und dank des kleinen Nachtlichts konnte ich erkennen, dass er anfing zu krampfen. Ich sagte zu mir: „Bitte nicht, bitte nicht schon wieder! Und warum jetzt, ich bin doch alleine!“ Die typischen Fieberkrampf Symptome waren da, die ich nun jedoch kannte.
Eines war mir sehr bewusst, ich musste ruhig bleiben um klar denken und handeln zu können:

  • Ich nahm das krampfende Kind aus dem Bett,
  • sprach ihm ruhig zu,
  • ging mit ihm in die Küche
  • und legte ihn mit einer Decke auf den Boden.

Ich erinnerte mich, dass man die Uhr im Blick haben sollte, damit man weiß, wie lange das Kind genau krampft. Wenn der Anfall nach 3-4 Minuten nicht vorbei ist, muss das Notfallmedikament gegeben werden, dass griffbereit im Schrank lag.

Ich blieb tatsächlich ruhig und befolgte alles, wie ich es mir fest eingeprägt hatte. Als der Kleine sicher am Boden lag, wollte ich schnell den Notruf wählen. Ich war jedoch so auf die Abläufe konzentriert, dass mir die Notrufnummer nicht mehr einfiel. Drei Zahlen waren in meinem Kopf einfach gelöscht.

Ich versuchte es kurzerhand bei meinem Mann. Er wusste schon beim Klingeln, dass etwas nicht stimmte. Er setzte den Notruf ab, beendete sofort das Essen und machte sich auf den Heimweg.

Ich kümmerte mich weiter um Noah und starrte auf die Uhr. Die dritte Minute lief bereits und ich riss die Verpackung vom Notfallmedikament auf. Ich wollte den Kleinen gerade vorsichtig aus dem Schlafsack befreien, als das Krampfen tatsächlich nachließ. Ich war unglaublich erleichtert und versuchte ihn zu beruhigen, denn er fing lauthals an zu weinen.

Hilfe war schnell vor Ort

Die Sanitäter trafen schon nach kurzer Zeit ein und kümmerten sich um den kleinen Patienten. Da mein Mann noch nicht zurück war, rief ich die Nachbarin an. Sie blieb solange im Haus, bis mein Mann eintraf und alles Weitere organisierte. Der Große schlief seelenruhig und bekam von dem ganzen Tumult zum Glück nichts mit.

Dieses Mal fuhr ich im Krankenwagen mit. Ich klopfte mir innerlich auf die Schulter und war einfach nur froh, dass ich alles so ruhig und besonnen über die Bühne bekommen hatte. Keine Panik, keine Hysterie – zumindest ließ ich nicht zu, dass diese Gefühle die Oberhand gewannen und ich kopflos wurde. Ich funktionierte einfach.

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Auf der Fahrt ins Krankenhaus stellte mir der Sanitäter viele Fragen. Ich konnte auf die Sekunde genau sagen, wie lange mein Sohn krampfte. Was ich aber darüber hinaus nicht gemacht hatte war, darauf zu achten, ob er beidseitig oder nur einseitig gekrampft hatte. Und wenn einseitig, welche Seite?

Ich versuchte mich zu erinnern, aber ich sah immer nur diese Uhr am Herd mit ihren grünen Digital-Ziffern.

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Ich konnte nur vermuten dass es beidseitig war, zumindest war es so, als das Krampfen im Bett anfing. Danach hatte ich das komplett ausgeblendet.

Der Sanitäter erzählte mir, dass der Kleine jetzt weit über 40 Grad Fieber hatte und sie erstmal versuchen müssten, es zu senken. Die Höhe der Temperatur machte ihm Bedenken, dass konnte ich an seiner Mimik sehen und außerdem betonte er, dass es „nur“ im Ohr gemessen sei. Ich weigerte mich zu viel hinein zu interpretieren, sondern verließ mich einfach darauf, dass wir nun in professionellen und guten Händen waren.

Im Krankenhaus ging wieder alles von vorne los. Diesmal kannten wir es und wussten, was in etwa auf uns und den Kleinen zukam. Ich kam mir vor wie ein „alter Hase“. Es musste wieder nach der Ursache geschaut werden und abermals standen Verdachtsmomente für Krankheiten wie Meningokokken usw. im Raum. Hinzu kam, dass der Fieberkrampf an sich zwar vorbei war, Noah aber noch immer den Anschein machte, schnell wieder ins Krampfen zu kommen. Deshalb bekam er vorsichtshalber doch noch das Notfallmedikament.

Anders als beim letzten Mal stand die Ursache ein oder zwei Tage später fest. Er hatte sich die richtige Grippe (kein grippaler Infekt) eingefangen. Deshalb auch das extrem hohe Fieber und vermutlich kam es deshalb auch zum Krampf. Dennoch mussten auch die anderen Ergebnisse abgewartet werden, um alles ausschließen zu können.

Am Ende blieb es dabei, dass die Grippe der alleinige Übeltäter war. Es beruhigte sehr, dieses Mal eine Ursache zu haben. Nach einigen Tagen war der ganze Spuk wieder vorbei und wir durften das Krankenhaus abermals mit einem gesunden Kind verlassen.

Die Ungewissheit bleibt – kommen weitere Fieberkrämpfe?

Als wir wieder zu Hause waren, nahm ich mir erneut das Merkblatt der Klinik zur Hand. Ich wollte wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass weitere Fieberkrämpfe zu befürchten sind?
Da stand immer noch, dass es sehr selten ist, dass Kinder noch mehr Fieberkrämpfe bekommen.
Selten ja, aber ausgeschlossen ist es damit ja nicht. Wir fingen auf ein Neues an, die Wochen und Monate zu zählen.

Um es vorweg zu nehmen, bis heute blieb es bei den zwei Fieberkrämpfen. Noah ist jetzt 5 ½ Jahre alt und wir hoffen sehr, dass wir mit dieser Thematik soweit durch sind.

Allerdings haben diese beiden Erfahrungen unseren Alltag zunächst sehr stark beeinflusst. Wir entwickelten uns teilweise zu echten Helikopter Eltern, sobald der Kleine auch nur die Anzeichen eines Infekts hatte.

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Welche Spuren das Ganze genau bei uns hinterlassen hat und wie wir im Laufe der Zeit damit umgegangen sind, dass erzähle ich in meinem letzten Artikel (derzeit in Arbeit) zu diesem Thema.

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H e i k e  A d e l s b a c h

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