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Was sind Helikoptereltern?

Ich bin wohl eine Helikopter Mutter

Mein Sohn, damals anderthalb Jahre alt, saß im Sandkasten und spielte gemütlich vor sich hin. Er schaufelte Sand in seinen Eimer und schüttete ihn immer wieder aus.

Ein anderer Steppke kam dazu. Er krallte sich Söhnchens Lieblingsauto, welches bis dahin unbeachtet auf der Seite lag.

Es kam zum Streit. Kreischen, ziehen, zerren. Ich befürchtete, dass Sohnemann seine Schaufel unsanft auf dem Kopf des anderen Jungen platzierte und ging zu den beiden Streithähnen.

Wie viele Mütter heutzutage, habe auch ich einige Ratgeber über Erziehung verschlungen.

Teilen, so stand es irgendwo, soll den Kleinen so früh wie möglich beigebracht werden. Es gab sogar Tipps dazu, wie Mami und Papi das Ganze spielerisch einbringen können und dem Kind dabei helfen, den Konflikt zu lösen.

Genau das habe ich versucht umzusetzen. In gut gemeinter Absicht habe ich die Vermittlerin gemimt. Mein Ziel: Lektion Teilen beibringen. Gleichzeitig verhindern, dass die beiden sich wehtun.

Tadaaa - und schon darf ich mich zu den Helikopter Müttern zählen, herzlichen Glückwunsch! Ich habe mich eingemischt und meinen Sohn um die Erfahrung gebracht, einen Streit selbstständig zu lösen.

Ich gebe zu, das habe ich nicht nur einmal gemacht!

Das ich scheinbar selbst zur viel gescholtenen Spezies der Helikopter Eltern gehöre, habe ich einem Artikel zu dieser Thematik entnommen. Nachdem ich mich zunächst köstlich amüsiert hatte, fühlte ich mich an einigen Stellen auf frischer Tat ertappt. Ups…

Du fragst dich jetzt: Wer oder was genau sind Helikoptereltern?

Helikoptereltern werden als sehr überbesorgte Eltern beschrieben. Immer darum bemüht, Unangenehmes vom Nachwuchs fern zu halten. Dabei schwirren sie stets und ständig um ihre Kleinen herum. Sie wollen nur das Beste und merken nicht, dass sie ihrem Kind teilweise arg im Weg stehen.

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Helikoptereltern wird nachgesagt, dass…

  • …sie alles kontrollieren
  • …sie den Kids Entscheidungen abnehmen
  • …sie sich ungefragt und vorschnell in Konflikte einmischen
  • …sie Probleme und Hindernisse aus dem Weg räumen, teilweise bevor das Kind überhaupt etwas ahnt
  • …sie um jeden Preis Langeweile verhindern möchten
  • …sie dem Kind jeden Wunsch von den Augen ablesen
  • …sich bei ihnen immer alles um das Kind dreht

 

Unbewusst nehmen sie ihren Schützlingen damit die Möglichkeit, selbst Erfahrungen zu sammeln, aus Fehlern zu lernen und unangenehme Situationen auszuhalten. Sie kleben wie Briefmarken an ihren Kids. Sie engen sie ein und lassen ihnen keinen Freiraum zur eigenen Entfaltung.

Typisch Helikopter Eltern  - so verhalten sie sich im Alltag

Das Helikoptern kommt in den unterschiedlichsten Ausprägungen daher – von leicht bis sehr extrem.

Besonders gerne wird das Beispiel herangezogen, dass überfürsorgliche Eltern am liebsten bis ins Klassenzimmer vorfahren würden, um ihren Sprössling  auch sicher in der Schule zu wissen.

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Gäääähn, fast schon langweilig.

Wenn es danach geht, darf sich schon hier ein Großteil der Elternschaft in die Reihe der Helikoptereltern stellen und sich eine Runde schämen.

Es gibt eine ganze Sammlung an Verhaltensmustern, die ebenfalls den Überbesorgten nachgesagt werden und die sie eindeutig als Helikopter Eltern enttarnen.

Oft kritisiertes Eltern-Verhalten im Alltag:

Kita, Kindergarten und Schule

  • um den Überblick bei den schulischen Leistungen zu behalten, stehen die Eltern im ständigen Austausch
    mit den Lehrern – per E-Mail, per Telefon und im berühmt-berüchtigten Tür- und Angelgespräch beim
    Hinbringen und Abholen
  • sie holen sich übertrieben oft Feedback zum Entwicklungs-/Leistungsstand ihres Kindes
  • sie mischen sich in die pädagogische Arbeit ein und machen regelmäßig Verbesserungsvorschläge
  • die Leistungsansprüche an das Kind sind sehr hoch, ein guter Schulabschluss steht von Anfang
    an im Focus
  • sie sitzen bei den Hausaufgaben täglich daneben und helfen bei der kleinsten Schwierigkeit
  • Hausaufgaben werden penibel auf Richtigkeit geprüft
  • sie erledigen die Hausaufgaben für das Kind, sobald dieses überfordert ist
  • für schlechte Noten werden die Lehrer verantwortlich gemacht
  • bei Ausflügen oder Klassenfahrten wären sie gerne mit an Bord, nur um sicherzustellen, dass es dem Kind
    an nichts fehlt und das nichts passiert
  • sie freunden sich mit Erziehern und Lehrern an, um sich auf privater Ebene intensiv über das Kind
    auszutauschen

Auf dem Spielplatz:

  • sie mimen stets den Spielpartner für das Kind und verhindern somit, dass es mit andern Kindern in
    Kontakt kommt
  • sie sind ständig in Sorge, dass dem Sprössling etwas zustößt
  • sie rufen andauernd „Pass auf, das ist gefährlich!“
  • sie sind immer in Sprungweite, um im Notfall sofort zur Stelle zu sein

 

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Freizeitgestaltung

  • jeder Wochentag ist mit einem möglichst abwechslungsreichen Beschäftigungsprogramm gefüllt
  • für freies und unbeobachtetes Spielen ist kaum Zeit
  • wann immer es in der vollgepackten Woche doch noch möglich ist, spielen sie mit dem Kind – es muss
    sich nicht alleine beschäftigen
  • eigene, persönliche Vorstellungen überlagern die Wünsche des Kindes
    (die Mama ist beispielsweise der Meinung, dass es wichtig für die Entwicklung ist, ein Instrument zu
    spielen und schickt das Kind zum  Flötenunterricht, obwohl dieses nicht wirklich Interesse daran hat)
  • sie überwachen mit entsprechenden Apps jeden Schritt Ihres Kindes auf dem Smartphone
  • beim Vereinssport glänzen sie mit permanenter Anwesenheit und suchen penetrant den Kontakt zum
    Trainer, um sich bzgl. Fortschritt zu erkundigen
  • das Kind wird in eine andere Mannschaft gesteckt, wenn der Trainer zu streng erscheint oder es mit den
    Mitspielern nicht klar kommt

Freunde

  • sie schauen bei der Wahl der Freunde ganz genau hin
  • sie mischen sich ein, wenn es aus ihrer Sicht nicht der passende Umgang ist
  • Eltern der Freunde werden genau abgecheckt – passen sie vermeintlich nicht, wird der Kontakt zwischen
    den Kindern unterbunden
  • sie belauschen via Babyphone, Smartphone oder sonst wo installierten Mikrofonen die Kinder beim Spiel
    und sind zur Stelle, sollte sich Streit anbahnen
  • sie legen fest, welche Freunde zum Kindergeburtstag kommen dürfen und welche nicht
  • sie gestalten den Kindergeburtstag rein nach ihren Vorstellungen

 

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Sonstiges:

  • selbst wenn das Kind altersentsprechend in der Lage ist allein zur Schule, zum Fußballverein oder zum
    Gitarrenunterricht zu gelangen, spielen sie rund um die Uhr das Elterntaxi
  • dem Kind wird alles abgenommen, jede Anstrengung wird vermieden
  • im Haushalt wird dem Kind keine Verantwortung übertragen, es hat keinerlei Verpflichtungen
  • Wünsche werden sofort erfüllt, das Kind muss nicht warten
  • sie achten darauf, dass das Kind möglichst keine Fehler macht
  • Fehler des Kindes werden von den Eltern behoben


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Was ist übertriebene Fürsorge und was ist normal?

Die Gesellschaft ist im stetigen Wandel. Das war schon immer so und wird auch zukünftig so sein.

Die heute als Helikopter Eltern verschrienen Mütter und Väter wundern sich in 15 bis 20 Jahren mit Sicherheit über das seltsame Verhalten der nächsten Elterngeneration. Für „reichlich übertrieben“ werden sie es halten.

Vieles, was Eltern von heute in Sachen Erziehung veranstalten, ist in den Augen ältere Semester völlig überzogen. Für die meisten Eltern selbst ist es normal, denn sie sind mit ihrem Verhalten nicht allein. Sie fallen damit nicht auf.

Von Generation zu Generation wird behauptet, dass die Eltern viel zu viel Brimborium um ihre Kinder veranstalten. Es gab auch immer schon Eltern, die besorgter waren als andere.

Eines liegt jedoch mit Sicherheit allen Elterngenerationen am Herzen – sie wollen immer nur das Beste für ihre Kids.

Wie du heutzutage den Spagat zwischen dem zu Viel und zu Wenig schaffst

Frag dich doch einfach mal – wie war das in meiner Kindheit?

Ich selbst habe unzählige Erziehungsratgeber gelesen. Mit jedem Ratgeber wurde ich jedoch unsicherer.
Was in dem einem Buch unbedingt empfohlen wurde, galt im nächsten schon als der größte Erziehungsfehler überhaupt. Mit Spätfolgen natürlich!

Mit 1000 Ratschlägen im Kopf, versuchte ich für jede Situation das passende Rezept zu finden. Schließlich konnte ich nicht mehr einordnen, was gut und richtig war.

Mir waren diese Unmengen an unterschiedlichsten Informationen irgendwann zu viel.

Stattdessen fing ich an, mir Fragen zu meiner Kindheit zu stellen:

               Was hätte ich selbst als Kind in dieser Situation gedacht?
               Was habe ich in ähnlichen Situationen empfunden?
               Wie hätte ich als Kind gehandelt?
               Was hätte ich gedacht, wenn meine Eltern dies oder das gemacht hätten?

Und siehe da, es funktionierte. Besser als jeder Ratgeber.

Statt ewig die Situationen zu analysieren, die Gefahrenlage abzuschätzen und Bedenken zu hegen, gehe ich heute einen Schritt zurück. Ich warte kurz ab und entscheide dann intuitiv, wie ich mich verhalte.

Oft komme ich zu dem Ergebnis, das weniger tatsächlich mehr ist. ;-)

Beispiele:

  • Situation:
    Dein Kind klettert auf einen Baum. Du setzt schon zum Sprung an, um es abzusichern. Zumindest aber
    willst du darauf hinweisen, dass es aufpassen soll, weil es so gefährlich ist.

         Frag Dich:
         Bist du als Kind nicht selbst auf die höchsten Bäume geklettert? Wie hast du dich dabei gefühlt?
         Standen deine Eltern zur Sicherheit hinter dir? Bist du auch mal gestürzt? Und dann?   
         War es ein Trauma oder hast du es schnell wieder vergessen?

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  • Situation:
    Dein Kind hat Streit mit einem Freund im Kindergarten. Du willst helfen und überlegst dir, morgen mit
    dem Freund zu sprechen und für eine Lösung zu sorgen, die beiden gerecht wird.

Frag Dich:
Wie bist du als Kind mit Streit umgegangen? Hast Du es selber geschafft oder haben dich deine Eltern
bei jedem Zoff begleitet? Wussten deine Eltern überhaupt, dass du Streit hattest?

  • Situation:
    Dein fünfjähriger Sohn will beim Bügeln helfen. Oh mein Gott – viel zu gefährlich. Du wiegelst ab und
    sagst zu ihm, dass er dafür noch viel zu klein ist.

Frag Dich:
Wie blöd empfandst du Sätze wie: „Dazu bist du noch zu klein.“, „Das kannst Du noch nicht.“
Wolltest du es nicht zumindest auch mal probieren?
Wie stolz warst du, als du Erwachsenen-Dinge geschafft hast?
Kann er es nicht mit dir zusammen mal ausprobieren?

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  • Situation:
    Dein Sohn im Grundschulalter hat seine erste Klassenfahrt. Du willst ihm das Handy mitgeben, damit
    er sich melden kann, wenn etwas ist oder er Heimweh hat. Er soll auch kurz Bescheid geben, ob er
    gut angekommen ist.

Frag Dich:
Wie war das zu deiner Schulzeit? Hast du deine Eltern wirklich so schmerzlich vermisst? Waren es nicht
immer die besten Zeiten, mal ganz ohne die Eltern unterwegs zu sein? Hast du das bisschen Heimweh
nicht auch unbeschadet überstanden? Wurden deine Eltern über Ankunft und Abfahrt informiert?

  • Situation:
    Dein 10 jähriger Sohn müsste ab und zu mal eine Stunde allein daheim bleiben, weil du Termine hast.
    Dir ist gar nicht wohl bei dem Gedanken. Du organisierst eine Betreuung oder legst deine Termine so um,
    dass er nicht allein bleiben muss. Du befürchtest, dass er in dieser Zeit sinnlos vor dem Fernseher hängt
    und nicht wie besprochen, etwas für die Schule macht.

Frag Dich:
Was hast Du gemacht, sobald deine Eltern die Haustür von außen zugemacht haben? Hast du fleißig
gelernt, Hausaufgaben gemacht und Müll rausgebracht? Oder hast du etwa die elternfreie Zeit genutzt um
endlich mal ganz entspannt vor dem Fernseher zu lümmeln?

  • Situation:
    Dein Sohn hat sein Frühstück vergessen. Du setzt alles daran, ihm die wichtige Mahlzeit hinterher zu bringen.
    Schließlich bekommt er erst zum Mittag wieder etwas.

Frag Dich:
Haben dir deine Eltern je etwas in den Kindergarten oder in die Schule hinterher getragen?
Hast du dir als Kind vielleicht einfach ein halbes Brot vom Kumpel geschnorrt?
Falls nicht, bist du verhungert? Hast du Schaden genommen?
Hast du ab da nicht immer selber darauf Acht gegeben, dass dein Frühstück als erstes im
Ranzen verschwindet?

Vieles regelt sich auf diese Art von selbst. Du bekommst auf die meisten Fragen eine recht einfache Antwort. Folge dann deiner Intuition und du triffst viele Entscheidungen, die deinem Kind gut tun.

Dennoch kann es sein, dass du hier und dort zu den Helikopter-Eltern gezählt wirst. Sei es drum.

Solange du keine Standleitung ins Lehrerzimmer hast, nicht ständig mit auf Klassenfahrt fährst oder selbst gekochtes Essen im Kindergarten ablieferst, ist für die heutige Zeit alles im Rahmen.

Wer jetzt glaubt, dass nach den Helikopter-Eltern eigentlich nichts mehr kommen kann, der irrt gewaltig. Es gibt tatsächlich schon eine Steigerungsform… - dazu im nächsten Blogartikel mehr.

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